Altersgerechte Wohnungen im Unstrut-Hainich-Kreis reichen nicht aus

Bericht der Thüringer Allgemeinen vom 15. August 2022 von Sabine Spitzer

Selbstbestimmt leben und in ihrem Heimatort bleiben wollen viele Senioren. Die Kirchheilinger Stiftung Landleben hat daher 2012 mit dem Bau von barrierefreien Bungalows begonnen – und will weitermachen.

Kein Treppensteigen mehr. Im barrierefreien Haus wurde das Leben der 87-Jährigen leichter. „Es ist wunderschön hier“, sagt Helga Wollenberg. Sie lebt in Sundhausen in einem der Bungalows der Stiftung Landleben, die ihren Sitz in Kirchheilingen hat. Vor zehn Jahren war mit dem Bau der ersten acht Häuser begonnen worden, die Senioren das Altwerden im Heimatort ermöglichen sollen. Inzwischen gibt es zehn Bungalows – und es braucht noch mehr.

2010 war die Stiftung gegründet und ein Jahr später als rechtsfähig anerkannt worden. Ziel: Dem ländlichen Raum wieder mehr Leben einzuhauchen, damit er nicht stirbt. Denn damals kehrten Jüngere den Dörfern verstärkt den Rücken. Zurück blieben die Alten, die meist die Häuser nicht mehr unterhalten konnten. Grundidee war daher ein Tausch – alte Häuser gegen barrierefreie Häuser, damit Senioren selbstbestimmt weiterleben können. Nicht sanierungsfähige Bausubstanz sollte abgerissen werden, damit dort altersgerechter Wohnraum entsteht. Intakte Gebäude indes sollten für junge Familien umgebaut werden.

Der Wert der Häuser auf dem Land ist inzwischen gestiegen

Damals waren Häuser auf dem Land kaum noch etwas wert. Inzwischen aber hat sich die Lage gewandelt. „Das Vermögen, das ein Haus auf dem Land darstellt, ist gestiegen“, berichtet Frank Baumgarten, der Chef der Stiftung ist. Denn jetzt ziehen auch junge Familien wieder in die Dörfer, Häuser finden daher meist schnell neue Besitzer. Auch das sogenannte Einstiften der Gebäude ist laut Baumgarten per Gesetz nicht mehr erlaubt. Damit funktioniert auch der Häusertausch nicht mehr, damit die Senioren mietfrei wohnen können. Die Stiftung hat das angepasst. „Keine unserer Leistungen hängt von Ländereien oder Immobilien ab“, sagt Baumgarten.

 
 
 
 
 
 Das Stiftungsprojekt war und ist noch immer einmalig – und wurde schon vielfach ausgezeichnet. In Kirchheilingen und Sundhausen sind je vier altersgerechte Bungalows entstanden, zwei weitere gibt es in Blankenburg. Die Nachfrage ist hoch, derzeit sind fast alle belegt, informiert Baumgarten. In einem sind jetzt übergangsweise drei Ukraine-Flüchtlinge untergebracht.

Die zehn Bungalows wurden mit Fördergeld gebaut. „Wir würden gern in Tottleben weitermachen“, sagt Baumgarten. Die Stiftung hat dort zwei Bauplätze. „Wenn wir uns bei der Bank Geld borgen müssen, müssen wir Mieten aufrufen, die keiner zahlen will und kann“, so der Stiftungschef. Deshalb sieht er die Politik in der Pflicht. Denn der Grundsatz der Bundesregierung sei „ambulant vor stationär“, damit Pflegebedürftige langfristig in ihrem gewohnten Umfeld versorgt werden können. „Wohnraum, der nicht barrierefrei ist, erschwert die Pflege und barrierefreien Wohnraum gibt es noch zu wenig“, sieht Baumgarten Nachbesserungsbedarf. Da seien etwa auch Töpfe des Sozialministeriums gefragt. „Für die Städte sind Gelder für den sozialen Wohnungsbau da, für das Land nicht“, verweist er auf die Schieflage.

Mit Landengel, Agathe und Gesundheitskiosken weitergeführt

Die Schieflage zwischen Stadt und Land kompensieren sollen auch die weiteren Projekte der Stiftung, welche dem Bungalowbau gefolgt sind. Die Landengel, die Senioren zum Einkaufen sowie zu Arzt- und anderen Terminen fahren. Die Dorfkümmerinnen, die inzwischen im Agathe-Programm aufgegangen und neben den sechs Seltenrain-Orten, vier Gemeinden in der Landgemeinde Nottertal-Heilinger Höhen sowie in den drei Horn-Orten Mittel-, Horn- und Haussömmern tätig sind. Sie lotsen Senioren durch den Dschungel der Gesundheitsversorgung, haben ähnlich wie die Gemeindeschwestern zu DDR-Zeiten auch einen Blick für Probleme, beraten und vermitteln.

Aktuell entstehen in Kirchheilingen und Urleben die ersten zwei von zunächst vier geplanten Gesundheitskiosken, wo die Agathe-Beraterinnen künftig ihr Domizil haben werden. Auch Ärzte sollen dort Sprechstunden anbieten. Perspektivisch soll sich zudem Telemedizin auf den Dörfern etabliert, wo Fachärzte per Videotelefon erreichbar sind.

„Wir wollen, dass der Geldfluss auf dem Land bleibt“, verweist Frank Baumgarten viele weitere Ideen, die es bereits gibt. Er sieht in Kirchheilingen täglich mindestens vier unterschiedliche Pflegedienste, welche die Menschen versorgen. Die anfangs angedachten Pflegeeinrichtungen in den Orten scheiterten am Geld. Laut Baumgarten wäre das aber mit kleinen Einheiten umsetzbar.

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