Bericht der Thüringer Allgemeinen vom 7. April 2024 von Sabine Spitzer
Christopher Kaufmann ist Bürgermeister in Sundhausen und arbeitet am Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz in Berlin mit, wo er die Stimme Thüringens ist und sich für Gesundheitskioske stark macht. Foto: Sabine Spitzer
Unstrut-Hainich-Kreis. Mit den Gesundheitskiosken ist der Unstrut-Hainich-Kreis Vorreiter in Deutschland. Wie Christopher Kaufmann von der Sofa-Studie bis nach Berlin kam, wo er die Stimme aus dem Unstrut-Hainich-Kreis ist.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will 1000 Gesundheitskioske bauen, um Versorgungslücken zu schließen. Im Unstrut-Hainich-Kreis gibt es sie schon längst. Hier stammt die Idee von Christopher Kaufmann aus Sundhausen. Der 37-Jährige ist jetzt in Berlin in der Kommission für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz, das demnächst verabschiedet werden soll. Er macht sich dafür stark, dass die Dörfer nicht vergessen werden.
„Wenn man was verändern will, muss man was tun.“ Das ist das Motto von Kaufmann, der auch Bürgermeister (Freie Wähler) in Sundhausen ist. Vor neun Jahren zog er daher durch die Häuser für seine „Sofa-Studie“, um zu erfahren, was ältere Menschen brauchen. Daraus entstand das Projekt „Landengel“, das bei der Landleben-Stiftung in Kirchheilingen angesiedelt ist. Dann wurde ein Verein gegründet, der ein regionales Gesundheits-, Pflege- und Versorgungsnetzwerk schafft.
Senioren absolvieren Fahrtenwahnsinn für Gesundheit
Kaufmann fand heraus, dass die Senioren viel Zeit bei Ärzten, Therapien und Kontrollen verbringen. Auch gab es dabei Probleme, wie sie von A nach B kommen. Denn die Großfamilien von früher gibt es meist nicht mehr. „Die gesellschaftlichen Strukturen haben sich verändert“, sagt Kaufmann.
Auch fehlen oft „Querverbindungen“, wie Kaufmann gemeinsames Sporttreiben oder Feiern mit Gleichaltrigen nennt. Die Ursache beginne jetzt schon im Kindesalter, weil der Nachwuchs nicht mehr bis zur zehnten Klasse gemeinsam lernt. „Das Mia-San-Mia-Gefühl fehlt überall“, sagt Kaufmann. Daher brauche es jemanden, der wie „Kitt“ alles zusammenhalte.
So kam schließlich die Idee für die Gesundheitskioske, die Daten statt Menschen transferieren sollen. Am 3. November 2022 wurde in Urleben der erste Kiosk eröffnet. Inzwischen kamen weitere in Kirchheilingen, Blankenburg und Bruchstedt hinzu. Gebaut wurden sie an den Bushaltestellen, weil diese Dreh- und Angelpunkte der Dörfer sind. In Sundhausen sind die Beratungsangebote im alten Konsum gebündelt, das zum Landzentrum umgebaut wurde.
Von Kaufmann kam auch der Vorschlag für den Namen. „Einen Kiosk kennt jeder“, sagt er. Bei den Gesundheitskiosken sollen die Menschen Informationen und Beratung erhalten und wenn nötig, weitervermittelt werden. „Sie sind keine Konkurrenz zu Ärzten“, macht er deutlich. Denn die Kioske, die eine Art Dorfkümmerei bilden, sind als Bindeglied zwischen allen Versorgern gedacht. „Als Spinne im Netz“, so der Sundhäuser, der gelernter Krankenpfleger ist sowie Gesundheits- und Pflegemanagement und Betriebswirtschaft studiert hat.
Inzwischen ist der Name „Gesundheitskiosk“ ein wenig verbrannt. Doch der Kerngedanke ist aktueller denn je. Inzwischen gibt es Beratungen durch das Agathe-Projekt, der Fachdienste Gesundheit und Soziales des Landkreises bietet Sprechstunden an und Schritt für Schritt zieht Telemedizin ein. Das ist bisher einzigartig in Deutschland. Gestartet wurde mit der neurologischen Vorsorge und Früherkennung in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Jena. „Die Telemedizin soll ausgebaut werden“, kündigt Kaufmann an.
Christopher Kaufmann kandidiert jetzt für den Kreistag
Der Kontakt nach Berlin kam bei der Eröffnung des ersten Gesundheitskiosks zustande, wo Bundes-Staatssekretär Edgar Franke (SPD) nach Urleben kam. „Ich möchte im Gesundheitswesen etwas ändern“, nennt der 37-jährige Sundhäuser sein Ziel. Deshalb tritt er auch bei der Kommunalwahl auf der SPD-Liste für den Kreistag an. „Wirtschaft geht nicht ohne Politik.“
Christopher Kaufmann ist ein wenig von Menschen enttäuscht. Viele haben ihren Enthusiasmus verloren, sie jammern und meckern statt anzufassen. „Es wird keiner zu uns kommen, um uns zu helfen.“ Dass er nun an einer der Schaltstellen in Berlin dabei ist, findet er wichtig auch für das Leben hier im Kreis. „Ich kann die Erfahrungen aus der Region einbringen“, sagt er. Ein Patent für alle seien die Kioske sicher nicht. „Aber sie sind eine gute Lösung hier“, ist er überzeugt.
Die Kioske erregen sogar internationale Aufmerksamkeit. Immer wieder kommen Delegationen, unter anderem schon aus Taiwan. Das spornt Kaufmann an.
Nicht aufzugeben für sein Ziel hat er beim Handball gelernt. „Und Teamplayer und Leader zu sein.“ In der Saison 2017/18 war er für den Zweitligisten ThSV Eisenach und vorher für den VfB TM Mühlhausen aufgelaufen. „Wir sind mit den Kiosken weit gekommen, aber es reicht mir noch nicht.“ Er will im Gesundheitssystem etwas ändern.